28.11.2016

Wenn die Kräfte und Gefühle Achterbahn fahren

Wer sich um einen demenzkranken Menschen kümmert, lernt zwangsläufig seine Belastungsgrenze kennen. In einem Vortrag der Allianz für Menschen mit Demenz appellierten die Referentinnen an die pflegenden Angehörigen, sich bei der Pflege nicht selbst zu vernachlässigen.

„Ich bin oft am Ende meiner Kraft“, erzählen Angehörige, denn für sie stellt das ständige „Verfügbar-sein-müssen“, jeden Tag für einen pflegebedürftigen Angehörigen zu sorgen, eine erhebliche Belastung dar. Einen anderen Menschen zu pflegen, kostet viel Zeit und Kraft. Niemand kann über einen längeren Zeitraum die Kraft für eine Pflege bis zu 24 Stunden am Tage aufbringen. Dennoch nehmen viele Menschen diese Herausforderung auf sich, indem sie beispielsweise ihre schwer kranke Mutter oder ihrem Ehemann pflegen und ihnen den Alltag so angenehm wie möglich gestalten möchten. Dabei kommen die Bedürfnisse für sie selbst leider oftmals zu kurz. Denn wenn eine Durststrecke bereits erreicht ist, ist es eigentlich schon zu spät. Wo und wie kann ich Kraft schöpfen, wenn ich mich um einen zu pflegenden Menschen kümmere? Mit dieser Frage beschäftigten sich Manuela Wemmert (Sozialstation Brücken) und Heike Lenhardt (Einrichtungsleiterin Caritas SeniorenHaus Schönenberg-Kübelberg) und informierten im Rahmen der Allianz für Menschen mit Demenz die Besucher in einem einstündigen Vortrag. Das Thema war besonders brennend und interessant für die Besucher, so dass Zuspruch groß war. Untermalt mit praktischen Entspannungsübungen und vielen hilfreichen Tipps, wurde der Fokus auf die pflegenden Angehörigen gerichtet und appelliert, sich bei der Pflege nicht selbst zu vernachlässigen. Die Schwerpunkte waren u.a. die Erhaltung und Förderung der psychischen und körperlichen Gesundheit, Entlastungsstrategien für Zuhause, Tipps zum erholsamen Schlaf, Erholung und Rehabilitation für Pflegende und Angehörige.

 

Manuela Wemmert von der Sozialstation Brücken erklärte: „Eine pflegebedürftige Person zu betreuen ist eine schwere Aufgabe. Sie kostet die körperliche, und noch mehr die seelische Kraft“. Spannungen innerhalb der Familie, die Beziehung zum Partner, Schlafstörungen, eingeschränkter Schlaf, körperliche Erschöpfung, Überforderung, Antriebslosigkeit und die sozialen Kontakte leiden. Pflegende Angehörige haben weniger oder gar keine Zeit für die eigenen Interessen und Hobbies, sie können ihr eigenes Leben nicht mehr selbständig bestimmen. „Pflegende Angehörige müssen frühzeitig auf sich achten. Je mehr die Pflegebedürftigkeit fortschreitet, umso mehr müssen sie leisten“, bestätigte Manuela Wemmert. Die Zeit wird knapper und das eigene Leben kommt zu kurz. Damit sich die Situation nicht zuspitzt und der Angehörige nicht zunehmend in eine Isolation gerät, gibt es eine Vielzahl an Angeboten und Übungen die Entlastungen bieten. „Häufiger Pause machen ist das A und O“, versicherte Manuela Wemmert. Eventuell das Zimmer für ein paar Minuten verlassen, eine Tasse Tee trinken, Atem- und Entspannungsübungen zwischendurch einfließen lassen. Treffen mit Gleichgesinnten in Selbsthilfegruppen, mehr Zeit für Freunde finden, eventuell Unterstützung und Hilfe innerhalb des Freundeskreises suchen, wenn die Gefühle wieder einmal Achterbahn fahren. Kurzzeitpflege, eine Betreuungsgruppe oder Tagespflege sind Alternativen, in denen der Pflegebedürftige gut versorgt wird. Geistige Anregungen sollten auch nicht vergessen werden: Ein spannendes Buch oder ein Besuch im Theater oder Kino regen an. Darüber hinaus sollten Sie auch nicht ihre Gesundheit vernachlässigen: eine ausgewogene Ernährung, Bewegung und immer mal wieder ein Päuschen. „Gönnen sie sich Ruhe, strukturieren sie ihre Tagesabläufe und belohnen sie sich selbst einmal. Guter Schlaf ist wichtig! Ohne Schlaf keine neuen Kräfte“, appellierten die beiden Referentinnen. „Was ihnen hilft, ist auch gut für ihren Angehörigen“.

 

Wenn der Körper locker lässt, tut das auch der Psyche gut. Heike Lenhardt erklärte anschaulich die progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Ein bewährtes Verfahren, was Körper und Seele gleichermaßen entspannen lässt. Weitere empfohlene Entspannungsübungen sind u.a. das autogene Training; Yoga als meditative Entspannung; Tai Chi und Qi-Gong. „Auch die Pflege- und Krankenkassen sind sich bewusst, welche Leistung die pflegenden Angehörigen erbringen. Deshalb gibt es verschiedene Möglichkeiten der Entlastung durch die Inanspruchnahme von gesetzlichen Leistungen“, empfiehlt Heike Lenhardt. „Sprechen sie beim Hausarzt nicht nur über ihre körperlichen Beschwerden, sondern schildern sie ihre Lebensumstände, wenn sie sich überlastet und sich ausgebrannt fühlen. Die seelischen Belastungen gelten als ein erhebliches Gesundheitsrisiko“, appellierte Heike Lenhardt an die Zuhörer. „Es gibt tolle Kliniken in denen sie auch zusammen mit oder ohne ihren Angehörigen Urlaub machen können. Dreiwöchige Angebote sind breit gefächert und es ist für jeden etwas dabei“, ermutigte sie die Betroffenen.

 

Im Anschluss an die Vorträge bot sich ausreichend Zeit für Fragen und Gespräche, bei denen die Referentinnen auf individuelle Fragestellungen eingingen. „Stellen sie sich vor, sie können sich aus körperlichen oder seelischen Beschwerden nicht mehr um den Angehörigen kümmern. Machen sie von diesen Möglichkeiten Gebrauch und nutzen sie deshalb generierende und gesundheitsfördernde Maßnahmen. Sie sind anschließend gestärkt und haben neuen Mut“, so das Fazit von Manuela Wemmert und Heike Lenhardt, um einer seelischen Belastung vorzubeugen.

 

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